Mai-Kundgebung mit SPD-Chef und Krah-Auftritt in Chemnitz

In Chemnitz haben zum Tag der Arbeit mehrere hundert Menschen für Demokratie und bessere Arbeit demonstriert. Zu einer AfD-Wahlveranstaltung mit Maximilian Krah kamen etwa 80 Leute. Er war nicht mehr öffentlich aufgetreten, seit ein enger Mitarbeiter wegen des Vorwurfs der Spionage für den chinesischen Geheimdienst verhaftet worden war.

Chemnitz.Der SPD-Parteichef Lars Klingbeil hat der Diskussion um längere Arbeitszeiten in Deutschland eine Absage erteilt. Die von CDU und FDP befeuerte Debatte, wonach in Deutschland im internationalen Vergleich zu wenig gearbeitet würde, nannte Klingbeil in einer Rede zum Maifeiertag auf dem Chemnitzer Neumarkt „absurd“. Mit Blick auf das Warenhaus „Galeria Kaufhof“ am Neumarkt, dessen Schließung vor einer Woche bekannt geworden war, rief Klingbeil: „Ich habe dort hochmotivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter getroffen. Diese Menschen sind doch nicht das Problem! Leute wie Herr Benko sind das Problem, die sich verzocken!“ René Benko war der aus Österreich stammende frühere Eigentümer der Galeria-Kette, dessen Finanzprobleme letztlich auch das Chemnitzer Haus in den Abgrund rissen.
Die Sorge um die Zukunft von Wirtschaft und Arbeit, aber auch die Verantwortung für die Demokratie standen im Mittelpunkt der traditionellen Maifeier des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), an der sich auch Parteien des demokratischen Spektrums und zivilgesellschaftliche Bündnisse beteiligten.

Die sächsische Landesvorsitzende der Linken, Susanne Schaper aus Chemnitz, sprach von einer Zeit des Aufschwungs für die Gewerkschaften: Die Zahl der Mitglieder nehme derzeit zu, ebenso die Zahl der Arbeitskämpfe wie der erfolgreichen Abschlüsse. Coretta Storz, Sprecherin der Chemnitzer Grünen, nannte die Tarifbindung eine Garantie für gute und sichere Arbeit. Tarife seien ein Mindeststandard, sagte der IG-Metall-Chef für Berlin, Brandenburg und Sachsen, Dirk Schulze. „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit“, das Motto des DGB, sei mit starken Tarifrunden erreichbar, so DGB-Regionalchef Ralf Hron.

AfD-Kandidat nennt Vorwürfe „Ablenkungsmanöver“

Im Rosenhof in Sichtweite des Neumarktes nutzte die Alternative für Deutschland den Feiertag für eine Wahlveranstaltung. Neben Auftritten des AfD-Landesvorsitzenden Jörg Urban und des AfD-Landrats Robert Sesselmann aus Sonneberg wurde der Auftritt des Spitzenkandidaten für die Europawahl, des aus Dresden stammenden Rechtsanwalts Maximilian Krah, mit besonderer Spannung erwartet. Krah könnte sich als Belastung für die Ambitionen der Partei erweisen: Kürzlich war bekannt geworden, dass er selbst und der Zweitplatzierte auf der Wahlliste, Petr Bystron, einem von Russland finanzierten Medium Interviews gegeben hatten. In Bystrons Fall wurden Informationen aus dem tschechischen Geheimdienst kolportiert, dass Geld aus Russland geflossen sei. Dann wurde ein enger Mitarbeiter Krahs verhaftet, der für China spioniert haben soll. Schon zuvor war Krah für seine Nähe zur Kommunistischen Partei Chinas unter Rechtfertigungsdruck geraten.

In Chemnitz wischten Krah und Landeschef Urban alle Bedenken beiseite. Urban sprach von einer Kampagne der Regierung, der Parteien und der Medien gegen die AfD. Krah verglich die Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft mit der „Kartoffelkäfer-Kampagne“ in der frühen DDR unter Walter Ulbricht. Damals bedrohten Kartoffelkäfer ein Fünftel der Ernte, und die DDR-Regierung behauptete, die Käfer seien durch US-Flugzeuge abgeworfen worden. Alle Vorwürfe seien unwahr, so Krah.

Die Opferinszenierung und Verunglimpfung politischer Gegner nahm den weitesten Raum in den AfD-Wahlreden ein. Konkrete wirtschafts- und arbeitspolitische Vorschläge blieben rar. Beschworen wurde die angebliche Sorge um die „kleinen Leute“. Die Redner vom Neumarkt hielten den AfD-Anhängern entgegen, dass „Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Hetze keines der Probleme löst“, wie es Ralf Hron formulierte. „Wir waren viel zu lange still“, sagte Annelena Ficker von der Initiative Demokratisches Erzgebirge, die aus Aue stammt und in Halle/Saale studiert. „Man ist Faschist oder Antifaschist. Wer schweigt, unterstützt.“ Das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“ führte einen Gegenprotest gegen die AfD-Veranstaltung an. Mit Brass-Musik der Gruppe Banda Communale zog der Protestzug an der AfD-Bühne im Rosenhof vorbei.

Klingbeil: Rente mit 63 bleibt

SPD-Chef Klingbeil rief zu einer Kultur des Umgangs miteinander auf, die auch einladend auf dringend benötigte Fachkräfte wirkt, ohne die Deutschland im wirtschaftlichen Wettbewerb nicht bestehen könne. Er warb für Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung, auch kreditfinanziert, das sei wichtiger als die Schuldenbremse. Die Rente mit 63 bleibe, sagte Klingbeil. Und in Richtung Krah und die AfD: „Diese Partei hat sich aufgemacht, um Europa zu zerstören. Die EU ist ein großartiges Projekt, das man, wenn es sie nicht gäbe, erfinden müsste!“